Mittwoch, 31. Januar 2007
Publizieren im Internet: Meinung ja, Unwahres nein
Interview mit Jacqueline Dehe vom Weblog „RECHTBUNT“ über das Internet:
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Frage: Frau Dehe, Sie betreiben zusammen mit anderen Autoren unter der Internetadresse http://rechtbunt.blogspot.com das erfolgreiche Weblog „RECHTBUNT". Worüber berichten Sie in diesem Blog, das in den ersten drei Monaten bereits rund 30.000 Besucher anlockte?
Jacqueline Dehe: Unser Motto lautet: RECHTBUNT ist ein Blog, bei dem es um vielseitige Betrachtungen rund um das Tagesgeschehen, das Recht und Chinas Reissäcke geht. Es stellt daher ein FunBlog dar, welches aber auch durchaus ernste Themen aufgreift. Die Themen werden dabei vielfältig entsprechend dem Zeitgeschehen oder aus "Lust und Laune" ausgewählt, teilweise sogar von den Lesern vorgegeben.
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Frage: Heute ist es möglich, dass jeder, der des Lesens und Schreibens mächtig ist sowie Zugang zum Internet hat, weltweit Artikel und Kommentare veröffentlichen kann. Wird diese Freiheit missbraucht.
Jacqueline Dehe: Das Internet bietet natürlich unendliche Möglichkeiten. Gerade an der Anzahl der Foren und Blogs sieht man, dass sehr viele Menschen diese Möglichkeit wahrnehmen. Es läuft doch heute nichts mehr ohne Internet, Email und Homepage. Und natürlich kommt es dann auch vor, dass diese "Freiheit" des Internets missbraucht wird. Dies zeigt sich gerade in Foren oder in
abgegebenen Kommentaren. Es ist für einige eben viel leichter, ihre Meinung "per Computer" abzugeben, als einem direkten "Gegenüber“ Rede und Antwort zu stehen.
Auch auf unserem Blog wird regelmäßig versucht, grenzwertige Kommentare zu veröffentlichen. Unser Motto ist, die mögliche Zensur so klein wie irgend möglich zu halten. Eine verdeckte Zensur hinsichtlich Herausgeberfreundlichkeit findet bei uns nicht statt. Nicht veröffentlicht werden Kommentare, die strafrechtlich relevant sind.
Weiterhin versuchen neuerdings einige, über die Kommentarfunktion zu spammen, also ihre Werbung für verschiedene Produkte unterzubringen.
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Frage: Beim Surfen im Internet stößt man vor allem in Foren und Weblogs auf Beiträge, in denen Personen oder Firmen namentlich – teilweise von anonymen Usern – heftig kritisiert werden. Darf jeder jeden öffentlich mit oder ohne Grund und mit Namen im Internet angreifen?
Jacqueline Dehe: Dies kann so nicht eindeutig beantwortet werden. Wenn Herr Müller ein Thema zur Diskussion stellt, dann muss er sich auch gefallen lassen, dass er kritisiert wird.
Werden Dritte kritisiert, muss man zwischen Personen, die in der
Öffentlichkeit stehen und Privatpersonen differenzieren. Bei Privatpersonen ist der Schutz wesentlich höher, als bei Personen, die in der Öffentlichkeit stehen. Insgesamt müssen sich die Äußerungen dann noch an Art. 5 GG messen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Meinungen und Tatsachenbehauptungen. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind immer unzulässig, Meinungen sind zulässig, dürfen allerdings keine Beleidigung i.S.d. § 185 StGB darstellen.
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Frage: In manchen Foren und Weblogs heißt es, der Herr oder die Frau oder die Firma X sei komisch. Oder man liest, der Herr X oder die Frau X schreibe nur Mist. Muss der so Getadelte dies hinnehmen?
Jacqueline Dehe: Auch hier kann ich nur auf meine vorhergehende Antwort hinweisen. Es kommt auf den jeweiligen Zusammenhang an. Schreibe ich auf RechtBunt einen Beitrag und ein Kommentator meint, dieser sei Mist, ist dies von seiner Meinungsfreiheit gedeckt. Schreibt dieser jedoch, ich sei dämlich, so ist dies nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt.
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Frage: Wenn jemand im Internet mit Schimpfworten wie Idiot oder Sau beleidigt oder zu Unrecht kritisiert wurde und deswegen einen Rechtsanwalt einschaltet, welche Folgen drohen dann dem Urheber der Beleidigung oder ungerechtfertigten Kritik?
Jacqueline Dehe: Dieses geht dann von der Unterlassung über den Widerruf bis hin zum Schadensersatz und Schmerzensgeld.
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Frage: In Weblogs werden oft ohne Rücksprache interessante Texte oder schöne Fotos anderer mit oder ohne Quellenangabe veröffentlicht, was gegen das Urheberrecht verstößt? Wie können sich Geschädigte dagegen wehren?
Jacqueline Dehe: Auch hier bedarf es dann einer individuellen Beratung, da es auf den Einzelfall ankommt. Rechtlos ist der Geschädigte nicht und er kann im Regelfall dagegen vorgehen. Wichtig ist, die Verletzung des Urheberrechtes zunächst zu dokumentieren. Und in der Regel besteht auch ein Unterlassungsanspruch und ggf. Schadensersatz, wobei der Schaden nachgewiesen werden muss.
Für die Unterlassung bzw. die Durchsetzung der Unterlassung muss der Verletzer abgemahnt werden. Dies kann jeder selbst machen oder natürlich einen Anwalt hinzuziehen.
Ich persönlich würde mir die Seite ansehen und bei kleineren Verletzungen zunächst den Kontakt zu dem Seitenbetreiber suchen. Dies ist jedoch meine - wie geschrieben - persönliche Meinung, da mir die Auswüchse der Abmahnpraxis zuwider sind.
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Frage: In vielen Weblogs erlauben die Betreiber, dass ihre Beiträge kommentiert werden. Haften die Betreiber auch für die Inhalte von Kommentaren, wenn diese Beleidigungen oder Lügen enthalten?
Jacqueline Dehe: Hier hat sich die Rechtsprechung gewandelt und es wird eine Haftung der Betreiber in der Regel (Störerhaftung) angenommen. Bekanntestes Urteil hierzu ist wohl das "Heise-Urteil". Aber auch die Rechtsprechung anderer Gerichte (Hamburg, Köln, Frankfurt am Main) geht in diese Richtung. Dieses ist auch der Grund, warum dann und wann RechtBunt Kommentare nicht veröffentlicht, bzw. entfernt.
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Frage: Im Internet existieren viele Foren und Weblogs mit teilweise hohen Besucherzahlen und Seitenabrufen, deren Betreiber kein Impressum veröffentlichen, aus dem ihr Name und ihre Anschrift ersichtlich wäre. Ist dies juristisch korrekt?
Jacqueline Dehe: Reine private Blogs müssen kein Impressum haben, da hier die Ausnahme gem. § 2 Abs. 2 TDG i.d.R. greift. Ansonsten gilt § 6 TDG. Ob dies auf Dauer haltbar ist, wage ich im Hinblick auf die Wachstumszahlen von "privaten Blogs" zu bezwweifeln. Gerichtsurteile sind mir keine bekannt.
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Frage: Welchen allgemeinen Rat geben Sie Usern, die oft und viel im Internet Beiträge veröffentlichen?
Jacqueline Dehe: Zunächst, den Spaß an der Sache nicht aus den Augen zu verlieren. Weiter sollte sich jeder User fragen, ob er den Eintrag hinnehmen würde, wenn er der Empfänger des Textes wäre. Auch sollte, sofern Behauptungen aufgestellt werden, diese beweisbar sein (Tatsachenbehauptungen, s.o.).